Milena Lamarová

Die Kunstwegerbliche Museen im 19. Jahrhundert als Illusion einer Industriereform

86–94 (tschechisch), Resumé S. 276–278 (deutsch)
Gottfried Sempers Forderung einer Einholt von Kunst und industrieller Produktion wurde zu einer Zeit gestellt, die durch den Zerfall der Integrität des Menschen in seiner Eigenschaft als Schöpfer und auch als Konsument gezeichnet war und wo das Wertsystem der Gebrauchagegenstände heftige Erschütterungen zu gewärtigen hatte. Der Rationalismus und die wissenschaftlich-technischen Entdeckungen finden ihr dialektisches Gegengewicht im Historismus. Das 19. Jahrhundert bedient sich der Vergegenwärtigung der Historie als einer Maske, aber auch als eines Identitätsnachweises. Das Ornament ist intensiv, es verdunkelt einerseits die Herkunft der Dinge, auf der anderen Seite jedoch vermag es, den Gegenstand dem unsicheren Verbraucher näherzubringen. Die historische Reflexion suppliert die neue, bislang amorphe Sprache der Technik. Der Historismus wartet auf mit einer Pseudosprache scheinbar verständlichen Referenzvokabulariums, welches jedoch gegen Ende des Jahrhunderts eher zum "Lärm" als zur Sprache, vielmehr Maskerade als Maske wird. Die Ästhetik dieser Periode ist im Grunde ein Ästhetentum, unter dem sich jedoch eine große, dem technischen Vermögen gezollte Bewunderung verbirgt. Das 19. Jahrhundert gierte nach Bildung und das historische Vorbild wurde zur einzig denkbaren Quelle. Die Belehrung zielte nicht nur auf das bloße visuelle Kopieren hin, sondern erstreckte sich in Übereinstimmung mit der technischen Aufgewecktheit des Jahrhunderts gleichermaßen auf Techniken und Technologien. Diese Forderungen der ästhetischen Unsicherheit und der ästhetenhaften Besessenheit, d.h. das Sammeln von Vorbildern und die praktische Unterweisung, haben entsprechende Institutionen ins Leben gerufen: nämlich Weltausstellungen und Kunstgewerbemuseen mit kunstgewerblichen Schulen. Bald nach der Weltausstellung in London im Jahre 1851 und der Gründung des Kensington-Museums machte sich eine Kluft zwischen Theorie und Praxis bemerkbar. Die Problematik der industriellen Formgestaltung (design) wurde vor allem zu einer Problematik des Dekors und des Ornaments, nicht also der Form und der Funktion. Es hat aich auch bald gezeigt, vor allem am Beispiel der deutschen Museen, daß eine auf Hebung der Industrie gerichtete Musealsammlung unmöglich sei. Einen wesentlichen Teil der Sammlungen bildeten Geschenke von Mäzenaten gerade aus den Reihen jener Gesellschaftsklassen, für die der Historismus kennzeichnend war. Die Beliebtheit des sog. Kunatgewerbes wuchs unter der bürgerlichen Klasse außerordontlich. Über den bildenden und historisierenden Charakter gibt auch der Organisationeplan des Kunstgewerblichen Museums zu Prag aus dem Jahre 1885 Aufschluß. Daß derartige Prestigesammlungen des Kunstgewerbes der Vergangenheit illusorisch seien, ist im Laufe der neunziger Jahre den leitenden Museenmitarbeitern Europas bewußt geworden. In den Vordergrund gelangt die Aufgabe, den allgemeinen Geschmack zu bilden. Die Tätigkeit der kunstgewerblichen Museen vermochte zwar die Ästhetik der industriellen Produktion nicht wesentlich zu beeinflussen, trug aber betrachtlich zur Entfaltung der Sezessionsphänomens in der Verwertung alter Handwerkstechniken bei. Die sogenannten Wissenachafts- oder technischen Museen erfüllten zwar ihre Funktion hinsichtlich des Anschlusses an die Industrie, dies jedoch im Sinne einer technischen, mitnichten also kulturellen Information. Das Problern der industriellen Formgestaltung (design) als eines Aspekts der Massenkultur begann erst im 20. Jahrhundert den Museen ins Bewusstsein zu dringen.
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