Jiří Rak – Vít Vlnas

Das tschechische Spiel auf den Salon

223–233 (tschechisch), Resumé S. 233–234 (deutsch)
Der Beitrag stellt sich einigen Vorstellungen von dem bürgerlichen Salon kritisch gegenüber, wie sie von der patriotischen Gesellschaft des 19. Jahrhunderts aufgestellt worden sind. Das Bedürfnis nach dem Salon (der von Anfang an wenigstens auf der Ebene der Proklamationen als ein Instrument des nationalen Bewußtseins begriffen wurde) stellt sich hier verspätet ein, in der Praxis erst in den 1860er Jahren, als vermögende bürgerliche und patriotische Schichten einen intensiven Bedarf an Repräsentation zu empfinden beginnen. Der Errichtung des Salons von großem Stil ist jedoch auch weiterhin hinderlich eine Reihe von praktischen Schwierigkeiten: ökonomische und räumliche Gründe, Mangel an kulturellen Gelegenheiten und schließlich auch die einfache Tatsache, daß die schmale Schicht der nationalen Elite durch hunderte verwandtschaftliche Beziehungen miteinander verbunden ist, so daß in ihren „Salons" nur schwerlich bisher gegenseitig unbekannte Leute treffen und Kontakte anknüpfen können. Die Welt des Bürgertums bleibt im tschechischen Milieu bis auf seltene Ausnahmen (Künstler, politische Elite) von den „wahren" aristokratischen Salons undurchlässig abgetrennt. Dies führt zu einer grotesken Erkenntnis, daß sich die Wortführer und Schöpfer des tschechischen Salons in ihren Bemühungen von den französischen Konversationsstücken auf den Theaterbrettern inspirieren lassen. Darüber hinaus wird das Phänomen des Salons selbst als etwas Verdächtiges und den traditionellen patriotischen Eigenschaften von Tschechen und insbesondere Tschechinnen Antagonistisches verstanden. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, daß das tatsächliche Heim der Patrioten auch in der zweiten Jahrhundertshälfte eher das Wirtshaus geblieben ist, und daß die Reihe von sogenannten Salons in der Tat vielmehr Teekränzchen, Hausfestlichkeiten oder einfach freundschaftliche Begegnungen mal eines engeren, mal breiteren Kreises von Verwandten und Freunden gewesen sind. Man wird sich wahrscheinlich damit abfinden müssen, daß einige Formen des gesellschaftlichen Verkehrs in der Welt des tschechischen Bürgertums im 19. Jahrhundert nicht heimisch wurden, und daß das tschechische Streben nach dem Salon von Anfang an zum Scheitern verurteilt worden war.
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