Jaroslava Pešková
„In Arbeit und Wissen ist unsere Erlösung.“ Die Auffassung Arbeit und Bildung in den böhmischen Ländern des 19. Jahrhunderts. Schlusswort
445–455 (tschechisch), Resumé S. 454–455 (deutsch)
Die Situation des Gesellschaft wurde am Gebiet des ökonomischen Denkens untersucht, das F. L. Rieger und F. L. Chleborád im tschechischen Milieu entwickelten. Besonders die Philosophie des Rechts von G. W. F. Hegel und die Erläuterungen von L. von Stein beeinflussten die tschechischen Denker. Das Phänomenon der Bildung und Erziehung bezog sich nicht nur auf die böhmischen Länder, wie auch die Philosophie von J. G. Fichte
beweist. Die Frage nach den Voraussetzungen einer gewissen objektiven Erkenntnis trug notwendigerweise in einer Zeit, die neue Möglichkeiten und Erfolge auf dem Gebiet der Produktion versprach, auch zur wiederholten Stellung von Fragen nach „unseren“ Möglichkeiten, nach den Voraussetzungen der Entwicklung und Kultivierung des Individuums
bei. Die Suche nach einer eigenen individuellen Identität führte auch zur Suche nach der Identität der Gemeinschaft, zu der wir damals gehörten. Für das kompliziert gegliederte Mitteleuropa war diese Frage nicht gerade einfach.
Das wichtige Mittel für die Konstituierung und Entwickung einer Nation ist die Erziehung
des Menschen als eines Wesens, das für seine Menschlichkeit selbst verantwortlich ist. Die Bemühung um personelle Identität ist gleichzeitig der Weg zur Selbstidentifikation
einer nationalen Gemeinschaft. Mit der Artikulation der philosophischen Ausgangspunkte
für das Verständnis des Menschens in der Welt und der Voraussetzungen für diese seine Bemühungen trat František Palacký in den 20er Jahren des 19. Jahrhunderts auf den Plan. In den 40er Jahren änderte sich die Problematik der Voraussetzungen für das freie Schaffen des Individuums und der nationalen Gemeinschaften, die Mehrheit
der tschechischen Intelektuellen (K. Havlíček, V. Gabler) bezweifelte die Rolle der Philosophie und war überzeugt, dass der „gesunde Menschenverstand“ uns reicht. Das fundamentale Paradigma der Bildung in den 60er und 80er Jahren stützte sich auf ganz andere Ausgangspunkte. Den prinzipiellen Einfluss übte die Theorie von J. F. Herbart. Am Ende des 19. Jahrhunderts wurde sie von verschiedenen Formen des sog. Pedozentrismus
abgelöst; großen Einfluss auf das Niveau der Bildung hatten nicht nur die Schulgesetzreformen, sondern auch die privaten Stiftungsprojekte für Entwicklung der Wissenschaft und Bildung (J. Hlávka).
Das Symposium griff wieder einmal bereits früher gelöste Probleme auf — u. a. den politischen Gegensatz des Österreichertums und des Tschechentums, die Polarität der Erziehung als nationaler Kampf für die Identität und allgemeine europäische Bildung, den Gegensatz von persönlicher und politischer Identität, die Rolle der Sprache und des übernationalen Charakters von der Kultur und Bildung —, gleichzeitig veränderte es jedoch das Paradigma, das bis jetzt den Ausgangspunkt der weiter führenden Interpretation
war. Die nationale Bildung im 19. Jahrhundert führt vor allem zur Bestrebung das tschechische Ethnikum in jene Gemeinschaft zu integrieren, die bereits eine politische Identität innerhalb der österreichischen Monarchie erreichte. Mit Rücksicht auf die Divergenz
der Interessen in der Monarchie wird der Kampf um die nationale Identität mit dem Mittel der Bildung erzwungenermaßen gegen jene geführt, die den Prozess bremsen,
und so ensteht der tschechische und deutsche Nationalismus in seiner — gewissermaßen
— negativen Form, die sich in gegensätzlichen ideologischen Interessen und nicht in der Identität der „Andersartigkeit“ äußert. Allerdings orientiert sich eine Bildung, die in erster Linie nach der Vermittlung einer gemeinsamen Identität der Angehörigen eines Ethnikums strebt, zwangsläufig auf die sprachliche Seite der Bildung und Erziehung hin. Im politischen Kampf in Österreich hatte der Kampf um die Durchsetzung der tschechischen
Sprache auf dem Gebiet der Verwaltung politische Bedeutung. Die Sprache hatte in diesem Falle überwiegend instrumentellen Charakter. Andererseits bewirkte das Bemühen um eine eigene tschechische Terminologie, tschechische Übersetzungen und eine eigene tschechische Ausdruckskunst die Entwicklung des Verstehens in jenem Milieu,
wo die Leute geboren wurden und ihre ersten praktischen Erfahrungen sammelten. Das aber ändert nichts daran, dass das menschliche Verstehen die Grenzen der Ethnien übersteigt, darin offenbart sich die Tendenz zur Ganzheit unserer Bildung.
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