Petr Svobodný – Ludmila Hlaváčková

Der Arzt und der Tod

383–397 (tschechisch), Resumé S. 397–398 (deutsch)
Die feststellbare Beziehung des tschechischen und mährischen Arztes zum Sterben und Tod fällt größtenteils in einen langen, wenn auch innerlich strukturierten Zeitabschnitt, der von der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts praktisch bis in unsere Gegenwart hinein reicht und der als die Zeit der Medizinalisierung und Bürokratisierung des Todes bezeichnet wird. Die Möglichkeilen der Medizin, den Tod aufzuschieben, werden zwar erhöht, die Folgen sind jedoch ganz veränderte Proportionen einzelner Phasen des Sterbens und insbesondere die Veränderung der Beziehung des Sterbenden und dessen Umgebung. Die Ärzte reagieren darauf, indem sie sich bemühen, das Schlußstadium maximal zu erleichtern, im Notfall zu verkürzen. Der Prozeß der „Auseinandersetzung" des Arztes mit dem Tod verlief in hohem Maß zeitlich und kausal parallel mit dem immer erfolgreicheren Kampf der Medizin gegen den Tod. Von der ersten Hälfte des Jahrhunderts an bis zum Ende der 1870er Jahre verbesserten sich die Methoden des Kampfes der Medizin mit dem Tod (der Tod als ein technisch-praktisches Problem), Ungefähr ab den 1880er Jahren beschleunigt sich auch in den böhmischen Ländern die praktische Seite des Kampfes der Ärzte mit dem Tod einerseits zufolge der weiteren Entwicklung von diagnostischen und therapeutischen Möglichkeiten der Medizin, andererseits zufolge der Verbreitung der ärztlichen Pflege auf immer breiteren Umkreis von Patienten mittels bedeutender Veränderungen in der Organisation des Gesundheitswesens. Zu dieser Zeit studieren und ihre Laufbahn beginnen Ärzte, die vorwiegend erst an ihrem eigenen Lebensabend den Tod als ein ärztlich-ethisches, beziehungsweise theologisches Problem (u. a. Fragen der Euthanasie) thematisieren. Ihre Gedanken lernt man jedoch zumeist erst durch die in den 1920er und 1930er Jahren erschienenen Publikationen kennen. Einen komplexen Überblick über das Sterben und den Tod des Menschen in dessen biologischem, sozialem und geistigem Ausmaß versucht heute das Fach Thanatologie zu geben.
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