Eduard Burget
Josef Svozil und die anderen
227-234, Resumé S. 234
Der Priester, Journalist und spätere Politiker Josef Svozil (1873-1949) gehörte in den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts zu den führenden Persönlichkeiten des sog. katholischen Modernismus in Böhmen und Mähren. Unter dem Gedankeneinfluss des deutschen Kirchenmodernisten Herman Schell versuchte er auf Seiten der modernistischen Druckschriften eine Reform der katholischen Kirche durchzusetzen, die eine Gestalt der liberaleren und offeneren Gemeinschaft der Gläubigen, die auf die gesellschaftlichen Wandlungen der Zeit aktuell reagieren vermochte, aufnehmen sollte. Die Voraussetzung für die Abhilfe der katholischen Kirche war nach Svozil die Bewältigung eigener Vergangenheit. In seinen ersten Studien widmete er sich deshalb den Fragen der Rekatholisierung in der Zeit nach 1620, der Geschichte des Erzbistums Olmütz und der cyrillomethodischen Idee. Von Gedanken und Ansichten T. G. Masaryks beeinflusst, spitzte er sein Verhältnis zur katholischen Kirche soweit zu, dass er 1904 sie und den geistlichen Stand verlassen musste. Nach Svozil folgten noch weitere Personen vom Umkreis des katholischen Modernismus, die aus der Kirche traten: Ladislav Kunte, Jaroslav Roucek und F.mil Dlouhy-Pokorny. Während Blouhy-Pokorny sich mit diesem Schritt lange und schmerzlich abgefand, wandten sich Kunte, Roucek und Svozil den politischen Aktivitäten zu und traten in die Redaktionen der liberalen oder linksorientierten Zeitungen ein. Ihr Austritt war ein logischer Ausgang der vorigen Bemühungen um die Kirchenreform. Nach Ausgabe der gegen den Modernismus gerichteten päpstlichen Enzyklika Pius' des X. Pascendi dominidgregis im Jahre 1907 erhob sich eine kritische Welle: gegenüber den Ausgetretenen wegen ihres feigen Ausscheidens, das niemandem half, sowie gegenüber den Bleibenden wegen ihres schnellen Rücktritts von den Reformgedanken. Verzwickte Schicksale der Priester, ihre öffentliche Tätigkeit, journalistische Beschäftigung sowie politische Aktivitäten, vielfach von harten persönlichen Konflikten, mannigfaltigen Fehlgriffen und Affären begleitet, sind inspirierend und warten bisher auf ihre Verarbeitung. Alle Genannten verbindet die Ungeklärtheit von Meinungen, Unverankerung des Bewusstseins und haltloser Charakter, die mit sich auch bestimmte Extremschwankungen in Form der zeitweiligen Zuneigung zum Kommunismus (Jaroslav Roucek), Faschismus (Josef Svozil) oder Atheismus (Ladislav Kunte) brachte.
Web vytvořilo studio Liquid Design, v případě potřeby navštivte stránku s technickými informacemi
design by Bedřich Vémola
design by Bedřich Vémola