Jonatan Vinkler

„Druck und Papier sind ausgezeichnet": Preseren und Mächa vom Nationalismus umklammert

266-284, resumé s. 283-284
Die im Beitrag vorliegende Interpretation konzentriert sich auf die Rezeption K. H, Mächas Máj (Der Mai, 1836) und France Preserens Poezije (Poesien, herausgegeben am 15. Dezember 1846 mit Datierung auf das Juhr 1847), und zwar insbesondere darauf, wie die Werke im jeweiligen Kulturmilieu unmittelbar nach ihrer Herausgabe angenommen wurden. Im Zusammenhang mit Mächa und Preseren fasse ich fünf kritische Reflexionen ins Auge (von Chmelensky, Tomíček, Tyl, Malavasic und Babnik), die unbestritten den Erwartungshorizont des elitären Lesers im tschechischen und slowenischen literarischen Raum darstellen und sich auf literarische Werke von autonomer ästhetischer Qualität beziehen, ohne jedoch - trotz deren literarischen Natur - mit Hilfe von literarischen Maßstäben bewertet zu werden. Ganz im Gegenteil: alle erwähnten Bewertungen gehen von pragmatischen, militaristischen, außerliterarischen Maßstäben aus, die sich erstrangig auf der national-kohärenten und nationaldefensiven Funktion stützen (und damit zusammenhängende deutlich appellative Funktion der Texte, die gesellschaftliche Aktivität des politisch immer aggressiver werdenden Bürgertums hervorrufen sollten). Aus dem Vergleich der positiven, national-identifizierenden Rezeption der Königinhofer und Grünberger Handschrißen mit der ablehnenden Rezeption des Mäj auf der tschechischen Seite und der positiven, identifizierenden Rezeption des nationalemanzipativen Schaffens von Jovan Vesel Koseski mit der (in einigen Zügen) ablehnenden Rezeption der Poesie France Preserens auf der slowenischen Seite ergibt sich, dass der Erwartungshorizont des slowenischen und tschechischen Lesers durch das Modell der national geprägten Literatur und derer militaristisch-propagandistischer Ästhetik bestimmt war, deren Zweck die nationale Emanzipation war. Aus diesem Grund konnten die autonomen ästhe¬tischen Werte von Mächas und Preserens Schaffen einfach nicht verstanden werden, was meistens wirklich der Fall war.
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