Eva Bendová – Václav Hájek
Abgeschnittene Locken, Hackenschuhe, Tintenfässer. Das Sammeln von modernen Reliquien und der Personenkult
Im Zusammenhang mit der neuen Auffassung von Individualität und der Rolle des Subjekts, wie sie bereits an der Wende des 18. zum 19. Jahrhundert erscheint, ist auch das Interesse an Objekten memorialen Charakters gewachsen, die als moderne Reliquien bzw. Fetische bezeichnet werden können. Es handelt sich um spezifische „Bilder", in denen nicht etwa die Nachahmung eine wesentliche Rolle spielt, sondern die den Charakter eines materiellen Hinweises (Indexes) besitzen. Abgeschnittene Haarsträhnen, Abgüsse von Händen und Gesichtern, private und intime Gegenstände beziehen sich auf das auf solche Weise „indexierte" Individuum als materielle Relikte, die in unmittelbarem Verhältnis zu dessen Körperlichkeit stehen. Es sind entweder „berührte" Objekte, oder direkte Teile, Fragmente des Körpers. Im Unterschied zu religiösen Reliquien werden sie selbstverständlich nicht als „sacrum" wahrgenommen, doch ihr intimer Charakter verstärkt ihre vermeintliche Authentizität, die die Erinnerung und eventuelle Verehrung des „Idols" vergegenwärtigt. Ein bekannter Sammler von modernen Reliquien war Fürst Klemens Wenzel Metternich, dessen Kollektion von Memorabilien sich im Schloss Kynžvart/Königswart befindet. Der Artikel fasst den „fetischistischen", materiellen, intimen Charakter von Spuren und Andenken an moderne „Idole", an berühmte Persönlichkeiten aus dem Gebiet der Kultur, Politik, Wissenschaft und des Gesellschaftsleben zusammen.
Schlüsselworte: Klemens Wenzel Metternich – Fetische – Abgüsse – moderne Reliquien – moderne Kuriositäten
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