Jiří Kořalka
Die sozialen Aktivitäten der Arbeitervereine
Der Grundgedanke der Arbeitervereine war, was ihre Beziehung zur Unterstützungstätigkeit betrifft, die Selbsthilfe und damit die Unabhängigkeit von der caritativen Aktivität einzelner Personen aus dem Adel und dem Bürgertum oder der von diesen gegründeten Vereine, von der Kirche, den Gemeinden und vom Staat. In der Zeit des zahlenmäßigen übergewichts der Organisationen der qualifizierten Arbeitern in den Manufakturen, vor allem in den Textildruckereien, waren die Unterstützungsvereine bemüht, für ihre Mitglieder eine Unterstützung für den Fall einer Krankheit, für das Alter und für ihre Familien beim Tod des Mitgliedes finanzielle Hilfe zu gewährleisten. Die Mitgliedschaft bei einem solchen Verein war für jeden Textildrucker im Grunde Pflicht; sonst wäre der neu aufgenommene Arbeitnehmer vom Kollektiv nicht akzeptiert und von den anderen Arbeitern abgelehnt worden. Den staatlichen und städtischen Behörden haben jedoch eher die Erfahrungen der Handwerkerzünfte konveniert, in denen die älteren Zunftmeister die Aufsicht über die Unterstützungskassen der Gesellen geführt haben. Am Ende des 18. Jahrhunderts hat der Staat den Gesellenbruderschaften jegliche Tätigkeit außer der Unterstützung bei einer Krankheit oder beim Tod untersagt. Nach der Auflösung der Zünfte im Jahre 1859 wurde das System der Unterstützungskassen von den neu errichteten gewerblichen Gemeinschaften übernommen, die zur finanziellen Hilfe für überalterte Meister auf der einen, und kranke Gesellen auf der anderen Seite beitrugen. Die finanzielle Unterstützungstätigkeit der Arbeitervereine ist im Laufe der Zeit in eingeschränktem Umfang erhalten geblieben, hat jedoch im Vergleich mit der breiteren gesellschaftlichen und politischen Tätigkeit der Arbeiterorganisationen an Bedeutung verloren. Die organisierte Arbeiterbewegung hat zehntausenden unterprivilegierten und sozial unterdrückten Arbeitern zur aktiven Teilnahme am öffentlichen Leben verholfen, sie hat sie dabei unterstützt, ihre Lebensweise zu ändern, ihr Selbstbewusstsein gehoben und ihnen das Gefühl von Verantwortlichkeit vermittelt. Die finanzielle Unterstützungstätigkeit hat vom Anfang an auch einen wichtigen Bestandteil der Aktivitäten in den freiwilligen Vereinen der tschechischen Arbeiter und Handwerker im Ausland dargestellt, z. B. in Deutschland. Die Erstattung der Reisekosten für die neu zugezogenen Arbeiter hat dabei auf die traditionelle Zunfttradition der wandernden Gesellen angeknüpft. Die Statuten einiger Vereine haben im begrenzten Maß auch eine finanzielle Unterstützung bei Krankheit, Notfällen oder beim Tod des Mitglieds ermöglicht, mussten ziemlich oft aber auch Maßnahmen gegen den Missbrauch der Unterstützungen ergreifen. Nach dem Kriegsausbruch 1914 haben die Funktionäre der tschechischen Vereine in Deutschland große Mühe zur materiellen Sicherung jener tschechischen Familien aufgewendet, deren Ernährer an die Front berufen worden waren; sie haben auch mit maximalem Einsatz versucht, die tschechischen Vereine und ihr Vermögen zu erhalten.
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