Dagmar Mocná

Die Trhani (Die Baraber [Eisenbahnarbeiter]) Nerudas. von einem sozialen Appell zur existenziellen Aussage

S. 125–135 (tschechisch), Resümee S. 137 (deutsch)

Der Artikel versucht die traditionelle Wahrnehmung von Jan Neruda als eines vor allem von marxistischen Interpreten vereinnahmten unter allen Umständen sozialen Autors zu revidieren. Es wird darauf aufmerksam gemacht, dass das Interesse an den sozialen Problemen kein Spezifikum von Neruda, sondern für viele seiner Zeitgenossen typisch war und wie bei diesen, so auch bei ihm, nur einen, wenn auch nicht unwichtigen Teil ihrer thematisch vielseitigen Produktion dargestellt hat. Obwohl seine dichterische Epik traditionell als ein Kernpunkt seines sozial bestimmten Schaffens interpretiert wird, unterscheidet sie sich in ihrer Wahl der typischen Themen und Situationen nur wenig vom Standard seiner Zeit. Die lyrische Sammlung Hřbitovní kvítí (Friedhofsblumen) äußert sich hingegen zum Problem der sozialen Ungleichheit viel origineller und künstlerisch überzeugender, sodass der Beitrag Nerudas zur Etablierung der sozialen Problematik in der tschechischen Literatur vielmehr hier zu finden ist. Für die Darstellung der Polarität zwischen Reichtum und Armut wählt er das Milieu eines Friedhofs, das bis dahin als ein Ort der Aussöhnung aller Widersprüche verstanden worden war. Das Problem der Armut verengt er nicht auf ihre elementaren Erscheinungen wie Hunger oder ungenügende Kleidung, sondern betont ihren Einfluss auf die Stigmatisierung in der Gesellschaft und den Verlust der menschlichen Ehre. Neruda hat in seinem ganzen Leben der sozialen Problematik größte Aufmerksamkeit gewidmet. Er ironisiert die sentimentalen Klischees, die das Thema sonst begleitet haben, und betrachtet die sozialen Aspekte der menschlichen Existenz vor allem auch auf der Ebene der zwischenmenschlichen Beziehungen. Dies zeigt sich bereits in seinem frühen Gedicht Dědova mísa (Des Großvaters Schüssel), das üblicherweise (doch unangebracht) als soziale Ballade gelesen wird. Zu Ende der 60er Jahre dominiert im Werk Nerudas die allgemein menschliche Ebene (außer der nationalen). Dies wird auch in der Umwertung der emblematischen Motive in seiner sozialen Prosa deutlich: als Beispiel kann der Bettler in der Erzählung Přivedla žebráka na mizinu (Sie hat den Bettler zugrunde gerichtet) oder ein armer Künstler in Figurky (Aus dem Tagebuch eines Konzipienten) dienen.

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