Jiří Pokorný
Die Kinderarbeit
Kinderarbeit hat es schon immer gegeben. Sofern unter ihr die Art gemeint ist, wie Kinder lernen und die Welt erkennen, stellt sie einen natürlichen Bestandteil ihres Lebens dar. Wenn sie jedoch die Arbeit von Erwachsenen leisten müssen, deshalb nicht die Schule besuchen können und für ihre Tätigkeit noch dazu schlecht bezahlt werden, so stellt das einen gravierenden gesellschaftlichen Missstand dar, dem sich der Autor dieses Beitrags widmet. Unter allen Arten des Brotwerbes waren die Kinder am meisten am Betteln beteiligt. Bettler, Landstreicher und selbstverständlich auch ihre Kinder wurden mit Vorliebe auch in den neu gegründeten Manufakturen beschäftigt, die Kinder sogar in großer Zahl (bis 30%). In Bělá pod Bezdězem ist 1765 sogar eine„Kindermanufaktur“ entstanden. Die Einbeziehung der Kinder in den Arbeitsprozess stand allerdings im Einklang mit den pädagogischen Vorstellungen der Aufklärer, die vor allem die Verlockungen des „Müßigganges“ fürchteten. In der Zeit der Aufklärung sind auch erste Versuche entstanden, die Kinderarbeit zu reglementieren und die Arbeitgeber zur Fürsorge für junge Arbeiter zu zwingen. Diese mit Kaiser Joseph II. verbundenen Bemühungen haben ihre Fortsetzung im Vormärz gefunden; es ging vor allem darum, ab welchem Alter die Kinder in den Fabriken arbeiten dürfen, und um die Begrenzung ihrer Arbeitszeit. Auch liberale Kreise, fest davon überzeugt, dass ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Akt der Gleichberechtigung darstelle, haben für die Kinder Erleichterungen eingeleitet, die sich jedoch erst in den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts durchsetzen konnten. Trotzdem konnten viele armen Eltern auf die (erwerbsfähige) Arbeit ihrer Kinder nicht verzichten. Die Kinder waren – wie man es auch formuliert hat – „das Kapital des armen Menschen“.
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